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SOZIALE PROBLEME

Wasserkraftprojekte können positive soziale Aspekte mit sich bringen. Der Bau und Betrieb von Dämmen o.ä. schafft beispielsweise regionale Arbeitsplätze. Die lokale Wirtschaft wird somit unterstützt und gefördert. Dies kann wiederum zu einer verbesserten Infrastruktur, wie dem Bau von Straßen und Gebäuden führen. Eine stabile Energieversorgung, sowie die Unabhängigkeit von Preisänderungen bei fossilen Brennstoffen können außerdem örtlichen Gemeinden Wohlstand, Bildung und eine bessere Gesundheitsversorgung mit sich bringen. Stauseen können ein besseres Wassermanagement in trockenen Regionen ermöglichen und somit zu einer sicheren Wasserversorgung und zum Hochwasserschutz beitragen [1].

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Dennoch zeigen viele Beispiele, dass derartige Projekte unter dem Leidwesen der lokalen Bevölkerung realisiert werden, denn der Bau von großen Wasserkraftwerken ist in den meisten Fällen mit massiven negativen Auswirkungen für die örtliche (meist indigene) Bevölkerung verbunden. Die Überflutung von Stauräumen führt zu Landenteignungen, Zwangsumsiedlungen und der Zerstörung von Kulturgütern [2,3]. Familien- und Gemeindegeschichten gehen verloren, und historische Artefakte und Gebäude müssen aufgegeben werden [3]. Weltweit wurden bereits zwischen 40 und 80 Millionen Menschen aufgrund von Wasserkraftprojekten umgesiedelt [2]. Die Betroffenen verlieren ihre Einkommens- und Lebensgrundlage. Steigende Armut und Kriminalität sind die direkte Folge [4]. 

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Örtlichen Gemeinden haben außerdem oftmals wenig Möglichkeiten ihre Bodenbesitzrechte zu verteidigen und werden gar nicht oder nur unzureichend entschädigt. Sind sich die betroffenen Anwohner uneinig über die angebotenen Entschädigungen, kann dies außerdem zu Konflikten und Streitigkeiten zwischen den einzelnen Gemeinden führen. Somit können Widerstandsbewegungen systematisch destabilisiert und geschwächt werden [5].

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Widerstand gegen Wasserkraftprojekte und damit verbundene Auswirkungen, z.B. in Form von Protestmärschen, Straßenblockaden und Kundgebungen, werden in vielen Fällen durch die örtliche Polizei und das Militär gewaltsam unterbunden. Widerstandsbewegungen und auch Einzelpersonen berichten von Repressionen, Drohungen und Bestechungen seitens privater und staatlicher Akteur*innen [6].

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Infolgedessen sind Umweltaktivist*innen weltweit in Gefahr. Allein im Jahr 2020 wurden 227 Umweltschützer*innen weltweit ermordet. Besonders betroffen sind dabei Länder des globalen Südens, vor allem Mittel- und Südamerika trifft es stark [7]. Die fünf gefährlichsten Länder für Aktivist*innen sind Kolumbien, Mexiko, Philippinen, Brasilien und Honduras. Rund 40% der getöteten Verteidiger waren Angehörige von indigenen Gemeinschaften. Die Mehrzahl der Mörder*innen seien dabei von multinationalen Unternehmen oder Staaten beauftragt [8].

MENCHENRECHTSVERLETZUNGEN BEI WASSERKRAFTPROJEKTEN

Dementsprechend kommt es bei der Realisierung von Wasserkraftprojekten oft zu Menschenrechtsverletzungen, wie dem Recht auf Land und Territorium, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit oder dem Recht auf Nahrung und  Wasser [8]. Gemäß internationalen Normen müssen die Behörden bei großen Infrastrukturvorhaben auf indigenem Land die Anwohner vorab konsultieren. Free, prior and informed consent heißt das Prinzip. So soll der Bevölkerung das Recht auf eine Einflussnahme auf das Projekt gewährt werden. In vielen Ländern gibt es jedoch kein Gesetz, das regelt, wie diese Konsultationen ablaufen sollen [9, 10]. Das führt unter anderem dazu, dass diese zu spät (nach Genehmigung des Projekts) durchgeführt oder manipuliert werden können. Weiterhin haben die betroffenen Anwohner keine Möglichkeit, ein Veto gegen geplante Projekte einzulegen, denn die Konsultationen sollen ausschließlich auf die Zustimmung der Betroffenen zu dem Projekt  hinwirken [9, 10].  Im Zusammenhang mit der Vergabe und dem Bau großer Wasserkraftprojekte kommt es außerdem oftmals zu Vetternwirtschaft, Bestechungen und Erpressungen seitens staatlicher und privater Akteure [6].

Quellen:

[1] Koch, Frans (2002): Hydropower - the politics of water and energy: Introduction and overview. Online verfügbar unter: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0301421502000812?casa_token=6r9jrP1J2RoAAAAA:jsIw4UTnhrkcZ1VXpPsyalNX8tyyskZ259LT-bLK7LBEA_DCelQ0lgcQvT6q3BLx088nze81fQ. Zuletzt geprüft am 03.03.23.

[2] Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (2014): Grün und sauber? Wasserkraft zwischen niedrigen Treibhausgasemissionen und hohen sozialen und ökologischen Kosten. Online verfügbar unter: https://www.idos-research.de/uploads/media/AuS_9.2014.pdf. Zuletzt geprüft am 03.03.23.

[3] Liu, Jian et. al. (2012): Sustainability in hydropower development—A case study. Online verfügbar unter: https://reader.elsevier.com/reader/sd/pii/S136403211200648X?token=DB91B9217D1C3BA9E65425D5BADD3E71B2E3BE02C6CE36C3ABE96BE16C2CCF3778CFF37268FB9C4829BA24063779FA28&originRegion=eu-west-1&originCreation=20230227124939. Zuletzt geprüft am 03.03.23.

[4]: ASW - Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt e.V. (Hg.) (2019): Menschenrechte für Opfer des Staudammbaus. Online verfügbar unter https://www.aswnet.de/projekt/movimento-xingu. Zuletzt geprüft am 03.03.23.

[5]: Todd Southgate (Regie) (2016): Belo Monte: After the Flood. Dokumentarfilm. Online verfügbar unter https://vimeo.com/173122375. Zuletzt geprüft am 03.03.23.

[6]: United Nations (2016): Report of the Special Rapporteur on the rights of indigenous peoples on her visit to Honduras. In: BankTrack

Online verfügbar unter: https://www.banktrack.org/download/report_un_special_rapporteur_on_indigenous_rights_on_honduras_visit_pdf/report_un_special_rapporteur_on_indigenous_rights_on_honduras_visit.pdf .Zuletzt geprüft am 03.03.23.

[7] Walter, Jan D. (2021): Lateinamerika: Wo Umweltschutz lebensgefährlich ist. In: Deutsche Welle

Online verfügbar unter: https://www.dw.com/de/lateinamerika-wo-umweltschutz-lebensgef%C3%A4hrlich-ist/a-59183318. Zuletzt geprüft am 03.03.23.

[8]: Bocksch, René (2021): Wo Umweltschützer gefährlich leben. In: Statista. Online verfügbar unter: https://de.statista.com/infografik/25764/dokumentierte-todesfaelle-von-umweltschuetzern/ [zuletzt geprüft am 03.03.23]

[9] International Labour Organization (ILO) (Hg.) (1989): C169 - Indigenous and Tribal Peoples Convention, 1989 (No. 169). Online verfügbar unter https://www.ilo.org/dyn/normlex/en/f?p=NORMLEXPUB:12100:0::NO::P12100_ILO_CODE:C169. Zuletzt geprüft am 03.03.23.

[10]: Endres, Alexandra (2016): Wer ließ die Umweltschützerin Berta Cáceres töten? In: Zeit. Online verfügbar unter: https://www.zeit.de/wirtschaft/2016-11/honduras-berta-caceres-mord-voith-hydro-siemens-menschenrechte-verantwortung/seite-4. Zuletzt geprüft am 03.03.23.

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