ENERGIESEMINAR - WASSERKRAFT
GRUNDLEGENDE FUNKTIONSWEISE
Die meisten Wasserkraftwerke beruhen auf den ähnlichen physikalischen Prinzipien. Im Folgenden ist die grundlegende Funktionsweise eines Wasserkraftwerks dargestellt [1].
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Durch Aufstauen des Wassers entsteht ein Höhengefälle, wodurch die potentielle und kinetische Energie des Wassers in potentielle Energie umgewandelt wird.
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Im Zufluss wird die potenzielle Energie des Wassers in kinetische Energie und Druckenergie umgewandelt.
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Die Turbine wandelt je nach Typ die kinetische oder potentielle Energie in Rotationsenergie um.
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Die Rotationsenergie wird über eine Welle auf den Generator übertragen, der die mechanische Energie in Elektrizität umwandelt.
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Die Spannung der Elektrizität wird mit Hilfe eines Transformators auf Spannungsebene des Netzes übersetzt.
Die Wahl des Kraftwerks und der Turbine hängt dabei von den Gegebenheiten vor Ort ab [1, 2, 3]:
LAUFWASSERKRAFTWERKE
Bei Laufwasserkraftwerken wird der Flusslauf nicht durch eine nennenswerte Stauung unterbrochen. Die Turbine über einen Zufluss direkt mit der Strömung des Flusses angetrieben. Ohne die Stauung ist auch die Fallhöhe vergleichsweise niedrig. Um diesen Faktor auszugleichen, werden diese Kraftwerkstypen an Flüssen mit hohen Durchflussmengen gebaut. Diese Kraftwerke sind sehr gut für die Grundlast geeignet und haben einen geringeren Platzbedarf als z.B. Speicherkraftwerke. Dafür können sie schlechter Schwankungen der Durchflussmenge ausgleichen. Mögliche Laufwasserkraftwerktypen sind Fluss- oder Ausleitungskraftwerke. Gerade bei Ersterem gibt es je nach Standortgegebenheiten viele verschiedene Untertypen (Blockbauweise, Buchtenkraftwerk, Zwillingsbauweise, Pfeilerbauweise, überströmbares Kraftwerk, Schachtkraftwerk). Jede dieser Bauweisen und Typen hat seine Vor- und Nachteile, die es für den jeweiligen Standort qualifizieren. [4, 5, 6]
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Wirkungsgrad: bis 94 %
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Fallhöhe: < 15 m
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Leistung: mehrere 1.000 MW
SPEICHERKRAFTWERKE
Bei Speicherkraftwerken wird das Wasser durch eine Staumauer oder einen Stausee in großer Höhe gespeichert und je nach Bedarf über Ventile und Wasserschlössern zu den Turbinen und Generatoren geleitet. In den Druckstollen und -schächten schießt das Wasser bergab, um den Druck vor der Turbine noch einmal zu erhöhen. Im Vergleich zu den Laufwasserkraftwerken könne hier kurzfristige Schwankungen der Zuflussmenge durch das Staubecken ausgeglichen werden. Zusätzlich kann durch die anpassbare Durchflussmenge flexibel auf den Strombedarf reagiert werden und somit sind diese Kraftwerkstypen auch dazu fähig Spitzenlasten zu decken. Zu den verschiedenen Unterkategorien gehören z.B. Ausleitungskraftwerke, Talsperrenkraftwerke oder Pumpspeicherkraftwerke. [1, 3, 7]
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Wirkungsgrad: 90 %
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Fallhöhe: > 50 m
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Leistung: bis zu 22,5 GW
PUMPSPEICHERKRAFTWERKE
Das Pumpspeicherkraftwerk ist ein Speicherkraftwerks das aus zwei Staubecken besteht, dem Oberbecken und dem Unterbecken. Bei einem Überangebot von Strom im Netz (z.B. viel Windenergie) kann Wasser aus dem Unterbecken durch eine Pumpe, die durch einen Motor angetrieben wird, ins Oberbecken gepumpt werden. Der Strom wird dadurch in potenzielle Energie des Wassers umgewandelt und gespeichert. Bei Bedarf kann die potentielle Energie nach dem gleichen Prinzip wie bei Speicherkraftwerken wieder zurück in elektrische Energie umgewandelt werden. Pumpspeicherkraftwerke können große Mengen Strom über lange Zeit speichern. Obwohl es durch den Pumpvorgang zu Umwandlungsverlusten kommt, sind diese vergleichsweise gering. [1, 3, 4, 8, 9, 10]
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Wirkungsgrad: 80 %
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Fallhöhe: 50 - 2000 m
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Leistung: bis zu 3 GW
SCHACHTWASSERKRAFTWERK
Um die Fische erst gar nicht durch die Turbine schwimmen zu lassen, gibt es bei größeren Flusskraftwerken Fischtreppen, die es den Tieren auch ermöglicht das Wasserkraftwerk entgegen der Strömung zu passieren. Um die Fische Flussabwärts erst gar nicht in die Nähe der Turbine zu lassen, wurde von der TU München das Schachtkraftwerk entwickelt. Das Waser strömt über einen Rechen, unter dem sich die eigentliche Turbine befindet. Das Wasser über dem Gatter überströmt dabei ein Wehr und Fische, die an der Oberfläche schwimmen treiben dabei einfach über das Wehr hinweg. Im unteren Teil des Wehrs befindet sich eine weitere Öffnung durch die ebenfalls Fische flussabwärts und -aufwärts das Wehr passieren können. Bei diesem Kraftwerkstyp können so auch Sedimente ins Unterwasser gelangen und der Eingriff in das Ökosystem wird dadurch verringert. [11, 12, 13]
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Wirkungsgrad: 90 %
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Fallhöhe: 2,5 m
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Leistung: 420 kW (bisher nur Prototyp)
FISCHFREUNDLICHE TURBINEN
Neben den umweltschädlichen Folgen, die Stauseen verursachen können, sind vor allem Turbinen für den Tod von vielen Fischen oder anderen Lebewesen verantwortlich. Fische wandern die Flüsse auf und ab, um zu Ihren Laichplätzen zu gelangen. Eine Turbine kann dabei ein fast unüberwindbares und vor allem tödliches Hindernis darstellen. Dabei sind die Überlebenschancen der Fische abhängig vom Turbinentyp und der Drehzahl. Gerade bei den in Flüssen am meisten angewendeten Francis- und Kaplan Turbinen, ist das Sterberisiko am höchsten. Wasserräder oder archimedische Schnecken besitzen keine Klingen, haben größere Schaufelabstände und drehen sich langsamer, wodurch sich das Risiko beim Passieren für die Fische verringert. Das Problem ist besonders präsent bei kleinen Wasserkraftanlagen (Leistung < 1 MW). Davon gibt es in Deutschland ca. 7.000 und obwohl diese gerade mal 14 % der deutschen Wasserkraftenergie erzeugen, ist die von ihnen verursachte Fischbestandsreduzierung sehr hoch. Das Problem liegt darin, dass sich aktiver Fischschutz bei diesen kleinen Anlagen für die Betreiber finanziell nicht lohnen würde.
Eine nachhaltigere Alternative, wäre der Einsatz von sogenannten „fischfreundlichen Turbinen“. Diese würden die besonders oft eingesetzte Kaplan-Turbine ersetzen. Das Turbinendesign wurde so verändert, dass es weniger gefährlich für Fische ist (reduzierte Anzahl an Schaufelblättern und stärkere Abschrägung der Schaufeln, um die Aufprallkraft zu verringern). Die Turbinen haben einen größeren Durchmesser und können so Ihre effiziente Drehzahl reduzieren. [14, 15, 16, 17]
Quellen:
[1] Kaltschmitt, Martin (Hg.) (2013): Erneuerbare Energien. Systemtechnik, Wirtschaftlichkeit, Umweltaspekte. 5., erw. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer Vieweg. Online verfügbar unter http://www.vlb.de/GetBlob.aspx?strDisposition=a&strIsbn=9783642032486.
[2] Bayerische Landeskraftwerke GmbH (Hg.): Turbinenarten - Francis-Turbine. Online verfügbar unter https://www.landeskraftwerke.bayern/francis-turbine.htm, zuletzt geprüft am 21.11.2022.
[3] Quaschning, Volker (2019): Regenerative Energiesysteme. Technologie - Berechnung - Klimaschutz. 10., aktualisierte und erweiterte Auflage. München: Hanser. Online verfügbar unter http://files.hanser.de/Files/Article/ARTK_LPR_9783446461130_0001.pdf.
[4] Giesecke, Jürgen; Heimerl, Stephan; Mosonyi, Emil (2014): Wasserkraftanlagen. Planung, Bau und Betrieb. 6., aktualisierte und erweiterte Auflage. Berlin, Heidelberg: Springer Vieweg.
[5] Agentur für Erneuerbare Energien e.V. (Hg.) (2022): Wie funktioniert ein Laufwasserkraftwerk? Online verfügbar unter https://www.unendlich-viel-energie.de/mediathek/grafiken/wie-funktioniert-ein-laufwasserkraftwerk, zuletzt geprüft am 21.22.2022.
[6] Deutsche Physikalische Gesellschaft e.V. (Hg.) (2017): Laufwasserkraftwerke. Online verfügbar unter https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/energie/wasserkraftwerke/laufwasserkraftwerke/#:~:text=Die%20Leistung%20von%20Laufwasserkraftwerken%20liegt,zu%20gut%20100%20MW%20installiert., zuletzt geprüft am 21.11.2022.
[7] Wikimedia Foundation Inc. (Hg.) (2022c): Liste der größten Wasserkraftwerke der Erde. Online verfügbar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_gr%C3%B6%C3%9Ften_Wasserkraftwerke_der_Erde, zuletzt geprüft am 20.11.2022.
[8] Bayerische Landeskraftwerke GmbH (Hg.) (2022a): Kraftwerkstypen - Pumpspeicherkraftwerk. Online verfügbar unter https://www.landeskraftwerke.bayern/pumpspeicherkraftwerk.htm, zuletzt geprüft am 20.11.2022.
[9] Wikimedia Foundation Inc. (Hg.) (2022d): Liste von Pumpspeicherkraftwerken. Online verfügbar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Pumpspeicherkraftwerken, zuletzt geprüft am 20.11.2022.
[10] Wikimedia Foundation Inc. (Hg.) (2022f): Projekt Qattara-Senke. Online verfügbar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Projekt_Qattara-Senke, zuletzt geprüft am 20.11.2022.
[11] BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (Hg.) (2022): Moderne Wasserkraft: Gut für Fische, gut fürs Klima. Online verfügbar unter https://www.bdew.de/online-magazin-zweitausend50/schwerpunkt-stadt-land-fluss/moderne-wasserkraft-gut-fuer-fische-gut-fuers-klima/, zuletzt geprüft am 20.11.2022.
[12] Technische Universität München (Hg.) (2020a): Differenzierte Untersuchung neuer Wasserkraftanlagen. Gibt es fischverträgliche Wasserkraftwerke? Online verfügbar unter https://www.tum.de/ueber-die-tum/daten-und-fakten/36247, zuletzt geprüft am 20.11.2022.
[13] Technische Universität München (Hg.) (2020b): Wasserkraftkonzept Schachtkraftwerk. Online verfügbar unter https://www.cee.ed.tum.de/wb/projekte/schachtkraftwerk/, zuletzt geprüft am 20.11.2022.
[14] Wolter, Christian; Bernotat, Dirk; Geßner, Jörn; Brüning, Anika; Lackemann, Jan; Radinger, Johannes (Hg.) (2020): Fachplanerische Bewertung der Mortalität von Fischen an Wasserkraftanlagen. Ergebnisse aus dem F+E-Vorhaben (FKZ 3515 82 3200). Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei; Deutschland. Bonn: Bundesamt für Naturschutz (BfN-Skripten, 561).
[15] Kirchhofer, A. & P. Hässig (2016): Fischpassage durch die Turbinen. Online verfügbar unter https://plattform-renaturierung.ch/wp-content/uploads/2020/09/Fischpassage-durch-die-Turbinen.pdf, zuletzt geprüft am 21.11.2022.
[16] Konradin Medien GmbH (Hg.) (2020): Welche Wasserkraftwerke sind für Fische besonders gefährlich? Online verfügbar unter https://www.wissenschaft.de/erde-umwelt/welche-wasserkraftwerke-sind-fuer-fische-besonders-gefaehrlich/, zuletzt geprüft am 21.11.2022.
[17] Heimerl, Stephan (2014): Wasserkraftprojekte Band II. Ausgewählte Beiträge aus der Fachzeitschrift WasserWirtschaft. 1. Aufl. s.l.: Springer Vieweg. Online verfügbar unter http://gbv.eblib.com/patron/FullRecord.aspx?p=1965834.